Hätte-Wäre-Wenn, …

Lassen wir uns auf ein Gedankenspiel ein. Als Ausgangslage verwenden wir die momentane Situation der Schweiz, genauso gut könnten wir uns auch Belgien, Frankreich oder andere europäische Länder vorstellen. Die Fallzahlen und damit die Hospitalisationen schwappten in zwei Wellen durch die Länder, eine im Frühling und die andere im Herbst (s. unten). Soweit nichts Aussergewöhnliches, jede normale Grippewelle oder Infektionswelle läuft mehr oder weniger zeitlich ähnlich ab. Damit stellt die SARS-CoV-2 Pandemie keine Ausnahme in der zeitlichen Ausbreitung dar, vielleicht aber in deren Intensität. Zudem gehen wir davon aus, dass die Pandemiemassnahmen eine Ausbreitung nicht verhindern, sondern nur hinauszögern. Diese Annahme wird gewählt, weil wir genau diesen Umstand in den meisten westlichen Ländern beobachten. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie z.B. Neuseeland, Südkorea, Taiwan und andere asiatische Länder. (Wer nun aber die asiatischen Länder als Vorbild und heiligen Gral der Pandemiebekämpfung hochstilisiert, der hat wenig Kultur erlebt.)

Grafik zur Auslastung der Betten durch Covid-19-Erkrankte und anderweitig Erkrankte sowie die Anzahl noch freier IPS-Betten. Quelle: SRF

Jetzt, zum Gedankenspiel:
Stellen Sie sich vor, man hätte nach der ersten Welle also Ende April, anfangs Mai sämtliche Massnahmen abgeschafft. Natürlich wären die Fallzahlen nicht so tief gesunken, natürlich hätte sich in der Schweiz während den Sommermonaten keine Untersterblichkeit abgezeichnet. Denn zwischen KW19 und KW42 erlebte die Schweiz eine unnatürliche und unterdurchschnittliche Sterberate trotz Bevölkerungszunahme. In diesem Szenario ohne Massnahmen würden wir während dem Sommer durchgehend erhöhte Fallzahlen und Hospitalisationen erwarten. Selbstverständlich würden dann auch die Todesfälle erhöht sein. Stellen Sie sich nun vor, der Sommer ist vorbei, die Spitäler wären nicht überlastet gewesen, jedoch fleissig besucht. Mit dem Beginn des Herbstes würden die Fallzahlen automatisch ansteigen und damit auch die Hospitalisationen und Todesfälle. Jedoch und dies ist der entscheidende Punkt, die Zahlen würden nicht so hoch ansteigen wie es zur Zeit der Fall ist. Denn viele Patienten wären bereits während den Sommermonaten hospitalisiert und genesen gewesen.

Die Pandemiemassnahmen während den Sommermonaten haben zum aktuellen Tsunami, der gerade wütet, beigetragen. Hätte man im Sommer keine Pandemiemassnahmen eingeführt, hätte sich das Problem auf die Sommermonate verteilt. So hätte man proaktiv ein flatten the curve durchgeführt. In diesem Hätte-Wäre-Wenn Szenario wären die Fallzahlen im Sommer konstant erhöht gewesen und im Herbst wäre die Welle weniger angestiegen. Die Gesamtsumme der Hospitalisierten und Todesfälle ist am Ende dieselbe, jedoch die zeitliche Verteilung, Kosten, Verzichte und die Massnahmen wären für die Bevölkerung tragbarer und verständlicher gewesen.

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